Untersuchung von Markus Kapitel 10 anhand Jesu dienender Haltung

dienenIn unserem irdischen Leben sehen wir Gott oftmals als souveränen Richter, der im Himmel thront, und uns Menschen nach Seinem Gutdünken richten wird. Diese Gedanken daran können in uns Unbehagen auslösen, da sie uns erkennen lassen, dass wir nur kleine Geschöpfe sind, die nichts an Gottes souveränen Willen zu ändern vermögen und in letzter Instanz kein Recht haben, Gott in irgendeiner Weise zu widersprechen. Diese Überlegungen können uns soweit führen, dass wir neidisch auf Gottes Größe und Macht sind, da wir unseren Status als „Geschöpfe“ nicht anerkennen wollen.

Aufgrund solcher Überlegungen ist es enorm wichtig, sich mit der dienenden Haltung Jesu, unseres Gottes, auseinanderzusetzen, der aus Seiner Herrlichkeit zu den Menschen kam, um ihnen, Seinen Geschöpfen, zu dienen und „Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10, 45). Gott ist nicht nur ein mächtiger Herrscher, sondern in Jesus kam Er auf die Erde und diente uns! Dieses Merkmal Jesu wird besonders in Kapitel 10 des Markusevangeliums deutlich, das wir im Verlauf dieser Analyse genauer untersuchen werden.

Es ist hilfreich, sich zu Beginn über die Definition von dem Begriff „dienen“ im Klaren zu sein. Somit möchte ich folgende Aussage über den Begriff darlegen, die wie folgt lautet. Dienen bedeutet unter Anderem: „sich einer Sache oder Person freiwillig unterordnen und für sie wirken; für jemanden, etwas eintreten“ [1]. Diese Begriffsdeutung umschreibt in ihrer Darlegung sehr präzise eine der Hauptprinzipien des Handelns Jesu, nämlich Seine freiwillige Unterordnung unter den Willen Seines Vaters und Sein bedingungsloser Gehorsam in Seinem Wirken. Zudem trat er für uns, die Menschen, ein, als er am Kreuz unsere Schuld bezahlte. Da Jesus in Seinem Dienst tat, was gut in Gottes Augen war, können wir Sein alltägliches Handeln für uns ebenso anwenden, um Ihm, als unserem Vorbild, gleichzutun.


Prinzip 1: Jesus dient durch die Lehre

Das Kapitel 10 beginnt mit der Begebenheit, dass Jesus im Gebiet von Judäa die Volksmengen lehrt. Die Aussage in Vers 1 „und wie er es gewohnt war“ deutet darauf hin, dass ein Dienst Jesu an den Menschen war, sie zu lehren (belehren, unterweisen, unterrichten), was man auch an Seinen großen Reden, wie den Ich-bin-Worten (vgl. Joh. 6, 35) oder den Seligpreisungen (vgl. Mat. 5, 3-12) erkennt. So belehrt Jesus auch den reichen Jüngling zuerst, was es bedeutet Ihm in Allem nachzufolgen (Vers 17 ff). Des Weiteren nutzt Er diese Begebenheit direkt aus, um Seinen Jüngern anhand dieses Beispiels deutlich zu machen, welche Gefahr der falsche Sicherheit vermittelnde Reichtum in Bezug auf die Hinwendung zu Jesus darstellen kann (Vers 23 ff). Solches Handeln liegt auch in unserer Verantwortung, denn auch wir müssen Menschen in Liebe darlegen, was eine Nachfolge in allen Aspekten des Lebens für Konsequenzen hat. Desgleichen müssen wir auch Mitchristen vor schädlichen Einflüssen auf ihre Beziehung zu Jesus warnen und sie lehren, ihrerseits das Richtige, im biblischen Sinn, zu tun.


Prinzip 2: Jesus dient in der Fürsorge

Das zweite bedeutsame Ereignis ist das Segnen der Kinder im Beisein Seiner Jünger. Diese Begebenheit wird in Vers 13 bis 14 beschrieben. Hier zeigt sich Sein Dienst in der Fürsorge gegenüber den Unmündigen. Luther übersetzt an dieser Stelle sehr bildhaft „Und er herzte sie“ (Vers 16; Luther 1912). Man ließ die Kinder zur damaligen Zeit gerne von Rabbinen segnen, bzw. anrühren (Griechisch: háptomai). Daraus kann man schließen, dass die Eltern ihre Kinder zu Jesus brachten, damit er sie segnen würde (vgl. Vers 16). An der Reaktion der Jünger erkennt man jedoch, wie sehr der Stolz oder die eigenen Vorstellungen eine Behinderung für eine demütige Haltung sind. Jesus ist sich nicht zu schade, die Kinder zu sich zu holen. Ja, sogar darüber hinaus gilt ihnen Seine Liebe in besonderem Maße. Demgegenüber tadelt Er die Jünger, die die Kinder zuvor abweisen (Griechisch: epi-timáo; jmdm. einen Verweis erteilen) wollten, da sie sie vielleicht unwürdig fanden, bei ihrem Herr und Meister zu sein. Am Verhalten der Jünger zeigt sich, auch wenn der genaue Grund in dieser Passage nicht ersichtlich ist, ein gewisser Stolz gegenüber eventuell als störend empfundenen Kindern. Ausgehend von diesem Paradigma stellt sich uns die Frage, wie wir mit Kindern umgehen. Sehen wir sie als wertvolles Geschenk Gottes oder sind sie uns eine Last? Lernen wir noch von ihnen dieses großartige und reine Vertrauen, was für uns in Bezug auf das Vertrauen in Jesus als Vorbild dienen sollte? Achten wir die Kinder insofern, dass wir ihnen die Achtung entgegenbringen und ihnen mit unserer Zeit dienen, wie Jesus es tat? Dazu möchte ich ein gelungenes Zitat aufführen, um dem Thema gedanklich weiter nachzugehen: „George MacDonald sagte immer, dass er nicht an das Christentum eines Menschen glauben könne, wenn niemals Jungen oder Mädchen vor seiner Tür spielen.“ [2]


Prinzip 3: Jesu dient im Verlassen Seines Reichtums

Von Vers 17 bis 27 wird die Geschichte des reichen Jünglings beschrieben, die bereits zuvor Erwähnung fand. Der junge Mann in der Überlieferung kommt zu Jesus und fragt, was er tun muss, um ewiges Leben zu ererben. Daraufhin antwortet Jesus, dass er alles verkaufen und ihm nachfolgen soll, denn auch Jesus verließ seinen himmlischen Reichtum. Er blieb unseretwillen nicht in Seiner Herrlichkeit. Jesus dient uns hier wieder als Vorbild. Er fordert nichts, was Er nicht schon durch Seine heilige Person in Reinheit und Vollendung vorgelebt hätte. Doch gibt es einen weiteren Aspekt, dem wir Aufmerksamkeit schenken sollten (siehe Vers 21). Wir haben Geld und Reichtum. Sind wir auch gewillt, alles hinzugeben um anderen zu helfen? Woran hängt unser Herz? Hier ist Jesus auch wieder ein Vorbild: „Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, dass er, da er reich war, um euretwillen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“ (2. Korinther 8,9). Hinaufschauend zu Ihm, sollten wir alles, was uns im Herzen an der Nachfolge hindert, verlassen um ganz den Willen Gottes zu tun.

 

Prinzip 4: Jesus dient in der Hingabe Seines Lebens

In den Versen 32 bis 34 sagt Jesus, während Er und Seine Jünger auf dem Weg nach Jerusalem sind, die Geschehnisse der nächsten Zeit voraus. Er schildert Seinen Tod und die Auferstehung. Wir werden an dieser Stelle mit so einer großen Demutshaltung konfrontiert, die uns aufhorchen lassen sollte. Obwohl Jesus wusste, was ihm widerfahren würde, ging er dennoch zielstrebig den Jüngern voraus (vgl. Vers 32a) um den Dienst des Erlösungstodes an den Menschen zu verrichten. Hieran können wir einiges für unser Leben ableiten. Doch ein Aspekt ist besonders wichtig: Es ist die Treue gegenüber Gott. Sind wir im Geiste bereit, auch wenn Schwierigkeiten, Lästerungen oder sogar der Tod zu erwarten wären, dennoch treu den Satzungen Gottes in Seinem Wort Folge zu leisten? Wir scheitern schon so oft an Kleinigkeiten im Alltag. Wenn wir vermeidliche Nachteile für uns sehen, sei es beispielsweise finanzieller oder psychologischer Natur, sind wir sehr schnell dabei, Gottes Anweisungen untreu zu werden.

Prinzip 5: Jesus dient Außenstehenden

http://www.everyday-feng-shui.de/feng-shui-news/wp-content/uploads/2011/02/jesus-heilung.jpgAm Ende des Kapitels ist die Geschichte mit dem blinden Bartimäus (Vers 46 bis 52) aufgeführt. Als Jesus aus Jericho hinausgeht, sitzt Bartimäus am Weg und ruft Jesus, dass Er sich über ihn erbarmen solle. Jesus hört sein Rufen und holt ihn zu sich. Er wird von Jesus geheilt. Es ist erstaunlich, dass Jesus den Blinden wahrnimmt und ihn beachtet. Jesus ist hier wiedermal ein Vorbild. Er achtet auf die Menschen und sorgt sich um ihre Nöte. Er heilt. Doch wie gehen wir mit Menschen um, die am Rande der Gesellschaft stehen? Reagieren wir nicht auch teilweise herabsetzend „Und viele fuhren ihn an, dass er schweigen solle“ (Vers 48a), wenngleich wir geachteten Persönlichkeiten Respekt entgegenbringen? Freilich können wir nicht von uns aus Heilung herbeiführen, aber wir können jene Menschen wahrnehmen lernen und sie zu uns rufen oder zu ihnen gehen. Dennoch schauen wir dabei zu oft auf die Anderen, die eventuell an unserem Umgang Anstoß nehmen könnten. Hier ist das folgende Zitat sehr treffend:

„Er [Jesus] schreitet nicht über ein Einzelschicksal hinweg, wo es um große Dinge geht – ganz anders als die Herrscher dieser Welt oder als die ehrgeizigen und oft so moralisch auftretenden Meinungsführer aller Zeiten. Hier, bei Jesus, hat auch das alltägliche, armselige Menschenschicksal einen einzigartigen Wert.„ [3]

 

Zusammenfassung aller betrachteten Merkmale

Alle diese Merkmale Jesu werden in den drei Versen 43 bis 45 zusammengefasst:

Mk 10,43-45: Aber so ist es nicht unter euch; sondern wer irgend unter euch groß werden will, soll euer Diener sein; und wer irgend unter euch <der> Erste sein will, soll <der> Knecht aller sein. Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.

Der Mensch strebt nach Größe (V. 43), wie auch in der Frage der Söhne des Zebedäus ersichtlich ist (V. 37). Jesus antwortet auf die Frage, wer der Größte im Reich Gottes sein wird, zur gesamten Jüngerschaft, dass derjenige im Himmel Groß sein wird, der hier auf der Erde ein Diener ist. Dieser Ansatz steht konträr zu der Meinung der Welt, in der jemand mit viel Macht der Größte ist. Entsprechend soll der Mensch, der der Erste sein will, ein Knecht aller sein (V. 44). Mit dieser Aussage stellt Jesus im Besonderen Seine Taten und Seine dienende Haltung unter Beweis, „denn der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ (Markus 10, 45).
Was ist das für ein Gott! Wir können nur darüber staunen, dass unser Schöpfer für uns kleine Geschöpfe am Kreuz unter Qualen gestorben ist. Und das aus Liebe zu uns. Er, der große und herrliche Gott, war in Jesus unser Diener, der sich nicht zu schade war, für uns zu sterben. Wie viel mehr sollte uns Sein Verhalten in allen Facetten zur Nachahmung anregen. Wir haben absolut keinen Grund, neidisch auf Gottes Größe zu sein. Er war unser Diener und wir sollten in unserem Leben dies widerspiegeln, damit wir auf dieser Erde mithilfe von Seinem Vorbild dienen und einst im Himmel dafür erhöht werden. „Sein ganzes Leben ist ein einziger Akt der Ergebung in den Willen Gottes“ [4].


[1] Duden, http://www.duden.de/rechtschreibung/dienen, 28.11.2013

[2] MacDonald, William, Kommentar zum Neuen Testament, 6. überarbeitete Auflage (Gesamtausgabe) 2013, CLV-Verlag

[3] Maier, Gerhard, Markus-Evangelium, Edition C, Hännsler, 1995

[4] Barclay, William, Markusevangelium, Aussaat Verlag Wuppertal, 1966